Gehärteter Stahl-weichglühen-wieder härten ???

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Hans

Gehärteter Stahl-weichglühen-wieder härten ???

Beitrag von Hans » Fr 23. Okt 2015, 16:06

Hallo
ihr " Messermacher und Werkzeugspezi's "

Demnächst bekomme ich von einem Spezi, der neuerdings in einer Härterei arbeitet ,aus dem Abfallcontainer
größengerechte Flacheisen mit über 60 er Härte.
In meiner Elektrolehrzeit hat sich das Härten von Metall gerade auf den Schlitzschraubenzieher beschränkt , mehr war damals nicht.
Meine Frage , kann ich um so ein Flacheisen in Form zu bringen, diese zum Glühen bringen , in Form schlagen und dann wieder in etwa härten , indem ich sie in kaltes Wasser tauche ?
Frühers habe ich das jedenfalls gemacht , wenn es auch nicht die optimale Art war .
Bringt das was ? - oder muß ich mich damit beschränken, nur gerade Schnitzmesser " hinzuschleifen " aus diesem
harten Stahl ?

Gruß , Hans
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Volker
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Re: Gehärteter Stahl-weichglühen-wieder härten ???

Beitrag von Volker » Fr 23. Okt 2015, 16:42

Hallo Hans,
Deinen Freund solltest Du fragen, ob es sich bei dem Stahl um "Wassergehärteten" oder "Ölgehärteten" Sahl handelt. Der professionelle Stahl ist meistens Ölhärter. Ausglühen kannst du den Stahl recht einfach mit in einer Zange halten und von beiden Enden jeweils 2/3 hellrot glühen und langsam auskühlen lassen. Danach ist der Stahl kalt verformbar.
Wenn Du nur flache Werkzeuge wie zB Messer bauen willst würde ich aber den gehärteten Stahl mit einer 1mm dünnen Flex zuschneiden und danach in Form schleifen. Bereiche die beim flexen oder schleifen farblich angelaufen sind müssen weggeschliffen werden, weil alles was angelaufen ist die Härte ganz ode teilweise verloren hat.
Ausgeglühter Stahl kann nach der kalten Verformung erneut auf mindestens sauerkirschrot erwärmt und in, je nach Stahlsorte in Wasser oder Öl neu gehärtet werden.
Gehärteter Stahl muß aber angelassen werden weil er sonst zu spröde ist und zum Brechen neigt. Anlassen ist die Erwärmung des gehärteten Stahl auf ca 250Grad mind. ein paar Minuten. Der blanke Stahl verfärbt sich dabei von gelb auf helles braun(maximal) .
Willst Du einen Schnitzbeitel herstellen sollte der Bereich von der Angel über die Krone bis zum obern 1/8 der Klingenlänge ungehärtet bleiben.
Soweit die Theorie. Ob sich das in der Praxis lohnt sei mal dahingestellt. Schnitzmesser zu bauen loht sich bei schon gehärteten HSS-Stahl wie zB aus Maschinen-Sägeblättern wegen der deutlich besseren Stahlqualität für den der es sich zutraut auf alle Fälle. Ich arbeite nur noch mit Eigenbau Schnitzmessern weil sie einfach schärfer sind und viel länger scharf bleiben.
Ich habe diverse Drechselbeitel-Klingen aus alten Feilen geschliffen, die sich gut bewährt haben. Das waren aber kräftige Querschnitte die nicht so leicht brechen. Feilen sind nämlich spröde weil nicht angelassen.
Viele Grüße von Volker
Hans

Re: Gehärteter Stahl-weichglühen-wieder härten ???

Beitrag von Hans » Fr 23. Okt 2015, 19:55

Hallo Volker ,
vorab mal besten Dank für diese Wissenschaft , so eine scheint das für mich zu werden .
Werde mich da bei meinem Spezi ausgiebig befragen , was das für ein Stahl ist ? .... und wie er gehärtet wurde ?
Eigentlich hat er mir schon diese Flacheisenabschnitte zugesagt , möchte ihn aber zur Zeit nicht damit nerven -
er hat einen Trauerfall .
Wenn er von sich selber kommt , soweit ist , daß die Normalität wieder einkehrt , werde ich dann mehr wissen und gebe dir Bescheid.
Ja Volker - möchte, wenn ich es schaffe, mir auch kurze Messer in einigen Formen machen, da ich fast ausschließlich aus der Hand schnitze ; vielleicht ähnlich wie Flex-cut ? Am Material soll es sicherlich nicht mangeln,
da versorgt er mich schon dementsprechend ; ob ich es so hinbekomme " schaun wir mal " .
Danke nochmals vorab .

Gruß , Hans
Sepp
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Re: Gehärteter Stahl-weichglühen-wieder härten ???

Beitrag von Sepp » So 25. Okt 2015, 09:02

Hallo Hans

Ich stimme den Ausführungen von Volker zu.
Nur bei den einen Punkt muss ich Volker wieder sprechen. Es gibt Stähle die lassen sich kalt bearbeiten (biegen. Es gibt aber auch Stähle bei denen genügt es nicht sie nur auszuglühen oder dunkelrot zu erhitzen.
Darum ist es wichtig, um eine Empfehlung zu geben, den Stahl genauer zu kennen. Ich kann durch Funkenflug nur eine ungenaue Aussage machen. Ich mache darum Härteversuche.
Das beste für dich wäre aber du gibst sie deinen Freund zum härten mit. Auch wenn du die genaue Stahlsorte kennst, gelingt es einen sehr schwer die größtmögliche Härte zu erreichen.

Gruß Sepp
Hans

Re: Gehärteter Stahl-weichglühen-wieder härten ???

Beitrag von Hans » So 25. Okt 2015, 09:27

Hallo Sepp ,
auch dir besten Dank für deinen Beitrag.
Mein Spezi arbeitet in einem großen , bekannten Unternehmen ; aus dem Abfallbehälter Flacheisen mitbringen - eventuell für eine Schrottgebühr - da hat er keine Probleme damit ; ob er allerdings so im Betrieb was nebenbei machen kann , das kann ich derzeit nicht sagen.
Gegebenenfalls , wenn ich es nicht schaffen sollte, kann ich ja immer noch normale kleine Standart - Schnitzmesser damit zurechtschleifen , das bekomme ich jedenfalls hin .

Grüße aus Franken ... von Hans

( Wir haben heute verkaufsoffenen Sonntag mit Markt , etc. - mal sehen - ich werfe nun schon den dritten
Drucker / Kopierer / Faxgerät weg , hoffentlich finde ich da mal was vernünftiges ? - mein erst gekaufter
hp Officejet Pro 8600 ist durch Überspannung teilgeschädigt - geht nur noch kopieren und faxen .
Jetzt würden die inzwischen trockenen oder verbrauchten Patronen 75 € kosten , da werfe ich ihn doch lieber gleich auf den Schutt . )
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Thomas
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Re: Gehärteter Stahl-weichglühen-wieder härten ???

Beitrag von Thomas » So 25. Okt 2015, 13:26

Hallo Hans,

das Ausglühen ist etwas schwierig. Wenn du einen Gasbrenner mit Propan hast, kann man sich mit ein paar Schamottsteinen einen kleinen Ofen stellen. Nur mit einem Brenner geht das nur sehr schlecht. Es gibt bei den Ofenbauern solche Schamottsteine, die einfach übereinander gestapelt und mit einem "Dach" versehen werden. Darin kann die Hitze nicht flüchten und das Aufheizen funktioniert viel besser. Die Steine würde ich in ein Sandbett stellen.

Ansonsten wir Volker schreibt aufheizen und an der Luft auskühlen lassen. Zum Härten ausheizen und im Ölbad abschrecken. Hier kannst du altes Motorenöl nehmen. Ca. 1 Liter in einer Blechdose genügt.
Das Eisen darin schwenken bis es abgekühlt ist.
Härten funktioniert auch gut im Backofen. Die meisten schaffen 230°C das reicht aus.

Viele Grüße,
Thomas
Viele Grüße,
Thomas

Holzhacken ist deshalb so beliebt, weil man bei dieser Tätigkeit den Erfolg sofort sieht.
Sepp
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Re: Gehärteter Stahl-weichglühen-wieder härten ???

Beitrag von Sepp » So 25. Okt 2015, 16:24

Hallo
Ich denke ich muss euch ein Beispiel über einen Stahl aufzeigen.

Stahl NR.1.121
Warmformgebung 1050 - 850 C°
Normalglühen 830 - 860 C°
Weichglühen 650 - 700 C°
Härten Waser 805 - 835 C°
Härten Öl 810 - 845 C°
Anlassen 550 -660 C°
Zu erreichende Härte 57- 62 HRC
Ich denke die Zahlen aus einen Fachbuch sagen alles aus.

Gruß Sepp
Hans

Re: Gehärteter Stahl-weichglühen-wieder härten ???

Beitrag von Hans » So 25. Okt 2015, 17:07

Hallo zusammen,

richtig interessant , was man von euch hier alles noch lernen kann . Was ich momentan nicht ganz verstehe - ist :
" wie kann man denn die Grade überhaupt messen " die der Sepp hier so fachmännisch beschreibt ?
Wenn ich mit meinem Messgerät an so ein glühendes Eisen hinkomme , ist es kaputt und es würde auch gar nicht so hoch messen.
Man sieht schon , es wird doch langsam wissenschaftlich - vorallem für "Elektrische" , die mit der Härterei von Stahl nie was zu tun hatten .
Hitzebeständige Hochofensteine - so wie Thomas das beschreibt - da habe ich etliche , das bekomme ich hin .
( Wollte mir da im Garten vor Jahren mal eine Forellenräucherung bauen , ist aber beim " wollte " geblieben. )

Unser Heißluftofen geht bis 230 °, mal sehen, das wäre ja auch nützlich - laut Thomas .

Naja warte ich mal ab , bis ich die Eisen in den Händen habe , dann sehn wir mal weiter .

Gruß , Hans aus Franken
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Re: Gehärteter Stahl-weichglühen-wieder härten ???

Beitrag von Volker » So 25. Okt 2015, 17:31

Hallo Hans,
früher hatten auch kleinere Firmen in ihrer Schmiede einen kleinen Elektro-Härte-Ofen mit einem Außenthermometer und einem Thermostat-Regler. Inzwischen wird das zu hätetende Werkstück meist zu Spezial-Härtereien gebracht, um eine optimale Qualität sicher zu stellen. Insbesonders die Härtetemperatur und Dauer und ebenfalls das Anlassen ist Stahlsorten spezifisch unterschiedlich wegen der unterschiedlichen Legierungsbestandteile der Stahlsorten.
Die Herstellung von Schnitzbeiteln mit ausglühen und wieder härten wird vermutlich nur weniger gute Qualität erzeugen. Das lohnt nur für extrem spezielle Beitel und Leute, die viel Zeit und Spaß an dieser Arbeit haben.
Der englische Schnitzer und Schnitzlehrer Chris Pye bescheribt in "Holzschnitzen Band 2" die Herstellung eines Spezialwerkzeuges aus einer weichgeglühten und von ihm wieder gehärteten Feile.
Viele Grüße von Volker
Hans

Re: Gehärteter Stahl-weichglühen-wieder härten ???

Beitrag von Hans » So 25. Okt 2015, 17:40

Hallo Volker ,

und da stelle ich mir noch ganz spezielle Hakenmesser vor, mit denen ich herwärts ziehen und schnitzen kann - na , das wird was werden ???
Mit Sicherheit stoße ich da an meine Grenzen , wenn es soweit ist .

Gruß, Hans
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